Wie der Stärkenfokus der Positiven Psychologie die Entwicklung von Kindern fördert
Die Positive Psychologie untersucht, wie Menschen ein glückliches und erfülltes Leben führen können, und setzt ihre Forschungsergebnisse in der Positiven Bildung speziell bei Kindern und Jugendlichen im schulischen Kontext um. Unser Workshop „Stärken stärken“ vermittelt Pädagog:innen praxisnah Erkenntnisse aus der Stärkenforschung. Die Inhalte basieren auf dem Modell der 24 (Charakter-) Stärken von Peterson und Seligman und sind speziell für den Einsatz in der Grundschule adaptiert.
HINTERGRUND
Das Ziel der Positiven Psychologie ist es nicht nur auf Defizite zu schauen, sondern verstärkt zu erforschen, was Individuen, Organisationen und Gesellschaften dazu befähigt, sich bestmöglich zu entwickeln.
Die Positive Bildung konzentriert sich speziell auf Kinder und Jugendliche im schulischen Kontext und macht ihre Erkenntnisse für das System Schule nutzbar. Diese Disziplin stellt u.a. Fragen danach, welche Faktoren sich positiv auf das Wohlbefinden von Schüler:innen und auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken. Wo kann im Unterricht und in der Schule gezielt angesetzt werden?
„[Es geht] darum, die Menschen zu stärken, damit sie gesund bleiben. Andererseits soll das Lernen Freude bereiten und dadurch das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gesteigert werden.“[1]
Zahlreiche Studien zeigen, dass die Prinzipien der Positiven Bildung an Schulen und im Unterricht helfen, den Bildungsauftrag zu erfüllen. Wenn sich Kinder an der Schule wohlfühlen und zufrieden sind, weisen sie einen positiveren Selbstwert und eine positive Haltung gegenüber Schule und dem Lernen an sich auf.
HERAUSFORDERUNG
Befragungen von Schüler:innen und Lehrkräften zeigen seit Jahren einen besorgniserregenden Trend[2] : Auf der einen Seite, steigt die Anzahl depressiver Episoden mit Krankenhausaufenthalt bei den unter 15-jährigen[2] ebenso wie die Diagnose von Verhaltens- und emotionale Störungen[2]. Auf der anderen Seite ist insbesondere leiden besonders Lehrkräfte unter Stress[3] und damit unter Krankheitssymptomen wie Kopfschmerz, Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes u. ä. Die Burn-Out-Rate ist hier besonders hoch[3].
Die Lernforscherin Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry kommt angesichts solcher Zahlen zu folgender Schlussfolgerung: „[D]as derzeitige Schulsystem [scheint] strukturelle und psychosoziale Implikationen zu bergen, welche Motivation, Emotion und Kognition von Schüler:innen und Lehrpersonen auf mannigfache Weise beeinträchtigen.“[4]
Dabei ist davon auszugehen, dass sich alle Beteiligten im Schulsystem etwas anderes wünschen. Insbesondere die psychische Gesundheit von Kindern und Pädagog:innen ist ein wesentlicher Eckpfeiler für erfolgreiches Lernen. Zudem ist die Schule nach wie vor ein wichtiger Lebens- und Erfahrungsraum. Ein Ort, an dem Lernen, Lehren, Arbeiten und Leisten Hand in Hand gehen. Ein Ort, an dem Schüler:innen befähigt werden können, mit allen Facetten des Lebens konstruktiv umzugehen und sich positiv zu entwickeln. Nur wie ist das in einer Situation von fehlenden Mitteln, vollen Stundenplänen, zu erfüllenden Lehrplänen und steigenden Anforderungen möglich?
UNSER LÖSUNGSANSATZ
In enger Zusammenarbeit mit der Diplom-Psychologin Franziska Heckel haben wir unseren Workshop „Stärken stärken“ entwickelt. Der Workshop vermittelt Pädagog:innen praxisnah Erkenntnisse aus der Stärkenforschung. Die Teilnehmenden lernen kompakt den theoretischen Hintergrund kennen und erfahren, wie man Stärken im Schulalltag erkennt, nutzt und fördert.
Die Stärkenorientierung ist der Kern des Positiven-Bildungs-Ansatzes dar. Dabei konzentrieren wir uns auf ein Stärkenmodell der Positiven Psychologie, basierend auf Peterson und Seligman[5] mit 24 erstrebenswerten und wünschbaren Charakterstärken. In der Positiven Psychologie werden Stärken als persönliche, überdauernde Muster von Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen beschrieben. Stärken sind individuell, geben Menschen Energie und ermöglichen bestmögliche Leistungen[6].
Da unser Gehirn den Fokus auf Stärken erschwert, muss das Erkennen und Nutzen von Stärken bewusst geübt werden. Um den Fokus auf Stärken gegenüber Defiziten zu priorisieren, ist es wichtig, bewusst alle Stärken im Schulalltag zu fördern und Gelegenheiten zur Anwendung zu schaffen. Hierzu erhalten die Teilnehmenden während des Workshops vielfältige Impulse und leicht in den Schulalltag integrierbare Übungen.
Hauptzielsetzung des Workshops ist die Sensibilisierung für Stärken und die Reflexion der eigenen pädagogischen Haltung. Die Teilnehmenden lernen das Stärkenmodell kennen und wenden es an.
Die Pädagog:innen üben sich in unterschiedlichen Settings in der Selbst- und Fremdwahrnehmung, in der (Um)Deutung von Verhalten und in der Stärkenorientierung auf spielerische Art und Weise. Außerdem diskutieren wir Ansätze, wie der Stärkenfokus im Schulalltag etabliert werden kann.
Unterstützt wird der Workshop von den eigens dafür entwickelten Materialien wie den Stärkenkarten (Illustratorin: Sarah Kaner), die den Teilnehmenden im Anschluss zur Anwendung in den Klassen zur Verfügung stehen.
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Quellen:
[1] Städeli, C. (2023). Einführung in die Positive Bildung. Bern: hep Verlag AG.
[2] Destatis – Statistisches Bundesamt. (n.d.). Datenbank Genesis: Schulabgängerinnen nach Abschluss, Geschlecht und Altersgruppen*. Statistisches Bundesamt. Abgerufen am 6. November 2024, von https://www-genesis.destatis.de/datenbank/online/statistic/23131/table/23131-0002/search/s/S3JhbmtlbmhhdXNwYXRpZW50ZW4lMjBEZXV0c2NobGFuZA==
[5] Peterson, C. & Seligman, M.E.P. (2004). Character strengths and virtues: A handbook and classification. New York, NY: Oxford University Press.
[6] Biswas-Diener, R. (2010). Practicing Positive Psychology Coaching. Assessment, Activities, and Strategies for Success. Hoboken, NJ: John Wiley & Sons, Inc.
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